Feiger Hund

Bonny stand von ihrer Lieblingsdecke auf und machte sich ganz lang, dann streckte sie genüsslich die Hinterläufe nochmal einzeln. Sie kam jetzt 'rüber und legte sich mit einem Plumps gefolgt von einem tiefen Seufzer auf den Teppich vor mir. Dies war in der Tat eine strategische Position. Hier sass ich in der Essecke, trank meinen ersten Tee an diesem Tag und verfluchte die Sommerzeit. Dann kamen in einem Kreis um Bonny angeordnet Toilette, Eingangstür, Küche, Treppe zum Obergeschoss, Kellertreppe und der offene Zugang zum Wohnzimmer. Es war jetzt überall Hochbetrieb. Die Kinder liefen auf und ab mit ihren Schulranzen und sonstigem Zeug, Vera pendelte mit verschiedenen Sachen zwischen Küche und Tisch. Alle mussten einen Bogen um Bonny machen, die dabei jedes Mal ihren Kopf verdrehte, die Ohren anlegte und schwänzelte.
Kurz nach halb sieben kamen die Kinder und Vera zu mir, um sich zu verabschieden. Dafür mussten sie regelrecht über Bonny schreiten. Die fand das besonders lustig, schwänzelte jetzt heftig und schnupperte an ihren Schuhen und Hosenbeinen.
"Es fällt mir zum ersten Mal so richtig auf, wie sehr sich alles um mich dreht" sagte Bonny nachdem wir allein geblieben waren. "Wenn ich Euch nicht so gern hätte, würde ich meine Stellung im Rudel überprüfen" sagte sie schelmisch und schaute mich mit ihren traurigen Hundeaugen an.
"Da lachen ja die Hühner" sagte ich im ähnlichen Ton und bückte mich gleichzeitig, um ihr am Kopf zu kraulen, damit ich die Härte dieser Aussage etwas abmildere. Sie erschrickt nämlich jedes Mal zu Tode, wenn die gackernden und flatternden Hühner eines Nachbarn zu nahe an den Zaun kommen.
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